[Autonomes Tutorium] Mensch, Maschine und Natur als Arbeitskraft: Zum Verhältnis von Thermodynamik und Ökonomie

  • Ein Autonomes Tutorium von Studierenden für Studierende


    Arbeit isoliert von allen Lebenszusammenhängen (z. B. von
    traditionellen feudalen und familiären Abhängigkeitsverhältnissen)
    aufzufassen, als bloße Arbeitskraft, die wie jede andere Ware gekauft
    und verkauft, sowie beliebig und austauschbar für jede Maschine und
    Organisation eingespannt werden kann, ist voraussetzungsreich: Erst
    eines von den Naturwissenschaften bereits tiefgreifend geprägtes
    Bewusstsein kann dieser abstrakte Weltbezug intuitiv erscheinen, indem
    nichts heilig, nichts mit sich identisch, sondern immer nur bloßes
    Mittel für ein anderes sein darf. Dieses bloß mechanische und
    entzauberte Naturbild sieht Anson Rabinbach als Voraussetzung der
    Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Im Unterschied jedoch zur
    newtonschen Mechanik, die noch von zahlreichen Kraftquellen ausgeht,
    vollzieht sich nach Rabinbach in der entstehenden Lehre der
    Thermodynamik eine folgenreiche Verschiebung: Das vom Physiker und
    Physiologen Hermann von Helmholtz ausgearbeitete universale Gesetz der
    Krafterhaltung im Jahre 1847 geht von einer einzigen universalen Kraft
    aus, die alle Naturkräfte (mechanische, chemische, elektrische usf.),
    die menschliche Arbeitskraft, sowie die Kräfte der Maschinen
    gleichermaßen umfasst. Der Kosmos transformiert zum gigantischen
    „Produktionssystem, dessen Produkt die universale Kraft war, um die
    Maschinen der Natur und Gesellschaft anzutreiben: ein weitläufiger und
    proteischer, auf seine Umwandlung in Arbeit harrender Vorrat an
    Arbeitskraft.“ (Rabinbach) Im Tutorium soll in Anschluss an Anson
    Rabinbachs Studie „Motor Mensch“ auf das Verhältnis von Thermodynamik
    und Ökonomie im 19. Jahrhundert im speziellen reflektiert werden, um
    prinzipieller zu fragen, wie die Wechselbeziehungen von Natur- und
    Ingenieurwissenschaftlicher Theoriebildung einerseits und
    gesellschaftlicher Strukturen anderseits angemessen zu denken sind.


    Wir freuen uns explizit über TeilnehmerInnen mit fundierten
    Kenntnissen auf dem Gebiet der Thermodynamik, die ebenso an
    gesellschaftlichen Fragestellungen interessiert sind.


    Freitags 18:05 – 19:35 Uhr
    Erstes Treffen: 29. April
    Kontakt: Wladimir ( schmuzik@yandex.com )
    Ort: S1|03/102