Überschreitung der Vertretungsvollmacht

  • Hallo,


    in der Altklausur von 2008 befindet sich in Aufgabe 4 der Fall, dass ein Vertreter seine Vollmacht überschreitet.
    Hier ist der Fall so gelöst, dass Vollmachtgeber und Verkäufer keine Ansprüche gegeneinander haben.


    In der Vorlesung (VL 7, Folie 4 ff) wurde ein analoger Fall aber doch so gelöst, dass die Vollmacht nur im Innenverhältnis bestand und es somit für den Dritten (Verkäufer) nicht ersichtlich war, dass diese überschritten wird. Folglich sei der Vertrag zwischen Vollmachtgeber und Verkäufer zustande gekommen.


    Übersehe ich einen Unterschid zwischen den beiden Fällen, oder ist die Lösung in der Altklausur falsch?

  • Sachverhalt aus der Klausur:

    P ist als Einkäuferin bei der Kunsthändlerin K beschäftigt. Sie ist ermächtigt,
    eigenständig Bilder bis zu einem Preis von EUR 5.000 für K zu erwerben. Eines
    Tages ruft P beim Galeristen G an und erklärt diesem, im Namen der K ein
    bestimmtes Bild zum Preis von EUR 10.000 erwerben zu wollen. G ist hiermit
    einverstanden.
    Als P der K von dem Geschäft berichtet, ist diese nicht erfreut über diesen
    Alleingang. K meint, das Bild sei überteuert und möchte es nicht haben.
    Welche Ansprüche hat G?


    Lösung:


    A. Anspruch des G gegen K


    G könnte gegen K einen Anspruch auf Abnahme des Bildes und Kaufpreiszahlung aus § 433 II
    BGB haben. Voraussetzung ist, dass ein wirksamer Kaufvertrag zwischen G und K zustande
    gekommen ist.
    Da K nicht selbst gehandelt hat, ist zu prüfen, ob sie wirksam von P vertreten wurde, § 164 I
    BGB. Dann müsste P eine eigene Willenserklärung im Namen der K mit Vertretungsmacht
    abgegeben haben.
    Die ersten beiden Voraussetzungen sind hier unproblematisch erfüllt. Allerdings hatte P nur
    Vollmacht (§ 167 BGB) für Geschäfte bis EUR 5.000. Ihre Vertretungsmacht war also
    beschränkt. Das hier abgeschlossene Geschäft mit einem Volumen von EUR 10.000 war von der
    Vollmacht nicht gedeckt (Vollmachtsüberschreitung). Für das Eingreifen einer
    Rechtsscheinsvollmacht ist nichts ersichtlich. P handelte also nicht mit Vertretungsmacht. K
    wurde durch das Handeln der P daher nicht nach § 164 I BGB verpflichtet.
    Ergebnis: G hat keinen Anspruch gegen K auf Abnahme des Bildes und Kaufpreiszahlung aus
    § 433 II BGB.


    B. Anspruch des G gegen P


    G könnte gegen P einen Anspruch auf Vertragserfüllung aus § 179 I BGB haben. Dann müsste P
    einen Vertrag als vollmachtloser Vertreter geschlossen haben und K die Genehmigung
    verweigert haben.
    P handelte ohne Vertretungsmacht, s. oben. K hat den Vertrag auch nicht genehmigt. Die
    Genehmigung kann nach § 177 II BGB entweder gegenüber dem Vertreter oder dem
    Geschäftsgegner erklärt werden. Hier hat K der P erklärt, dass sie das Bild nicht haben möchte,
    die Genehmigung also verweigert.
    Der Anspruch auf Erfüllung könnte gemäß § 179 II BGB ausgeschlossen sein, wenn P den
    Mangel der Vertretungsmacht nicht kannte. Dann würde sie nur auf das negative Interesse
    haften. Hier hatte P allerdings die klare Maßgabe, dass nur Geschäfte bis EUR 5.000 von ihrer
    Vertretungsmacht umfasst sind. Sie wusste also, dass sie ihre Vollmacht überschreitet. Die
    Haftungsbeschränkung des § 179 II BGB greift nicht ein.
    Die Haftung der P könnte nach § 179 III BGB gänzlich entfallen, wenn G den Mangel der
    Vertretungsmacht kannte oder kennen musste oder wenn P in der Geschäftsfähigkeit
    beschränkt war. Hierfür bietet der Sachverhalt keine Anhaltspunkte.
    Ergebnis: G hat gegen P einen Anspruch auf Vertragserfüllung aus § 179 I BGB.




    Sachverhalt aus der VL:


    A möchte sich im Fahrradgeschäft des C ein neues Fahrrad kaufen. A bittet seinen Bruder B bei C ein Fahrrad bis zu einem Preis von maximal 750,00 € zu kaufen und händigt ihm dafür eine Vollmacht aus.
    Bei C angekommen, lässt sich B beraten. Danach legt B dem C eine Vollmacht des A vor, aus der keinerlei Begrenzung bis 750 € ersichtlich ist. B entscheidet sich, das Dream-Bike Model 18320 zu einem Preis von 849,00 € im Namen des A kaufen.
    A ist später mit diesem Kauf nicht einverstanden und möchte das Dream-Bike Model 18320 auf keinen Fall haben.


    Ist ein wirksamer Vertrag zwischen A und C zustande gekommen ?



    Ergebnis :


    Erteilt der Geschäftsherr eine Vertretungsmacht und beschränkt diese im Innenverhältnis, bspw. bzgl. eines Eurobetrages, trägt der Geschäftsherr das Risiko, wenn sich der Vertreter nicht an diese Beschränkung hält (Ausnahmen s.u.).Unterscheidung zwischen der Wirkung der Vollmachts-beschränkung im Innen- und Außenverhältnis.
    Auswirkung nur auf das Innenverhältnis !


    Folge :
    A ist Vertragspartner geworden (Grundsatz: Schutz des Rechtsverkehrs). C durfte von einer wirksamen Vollmacht ausgehen.


    Erteilt der Geschäftsherr eine Vertretungsmacht und beschränkt diese im Innenverhältnis, bspw. bzgl. eines Eurobetrages, trägt der Geschäftsherr das Risiko, wenn sich der Vertreter nicht an diese Beschränkung hält (Ausnahmen s.u.).


    Unterscheidung zwischen der Wirkung der Vollmachts-beschränkung im Innen- und Außenverhältnis.

  • Der Unterschied liegt meiner Meinung nach in der Fallbeschreibung. In der Vorlesung heißt es "Danach legt B dem C eine Vollmacht des A vor, aus der keinerlei Begrenzung bis 750 € ersichtlich ist."
    Das geht aus der Klausuraufgabe nicht hervor, da kann man nur mutmaßen. Aber in diesem Fall ist es denke ich der entscheidende Punkt. Denn in der Vorlesung heißt es weiter:
    "Erteilt der Geschäftsherr eine Vertretungsmacht und beschränkt diese im Innenverhältnis, bspw. bzgl. eines Eurobetrages, trägt der Geschäftsherr das Risiko, wenn sich der Vertreter nicht an diese Beschränkung hält "
    Ich weiß auch nicht von wem die Antworten auf die Klausurfragen kommen, aber die Aufgabenstellung ist schon recht ungenau in der Formulierung. Könnte ja auch ein Gedächtnisprotokoll sein und der Autor hat die entscheidenden Details leider vergessen.