MS 2 Prüfungsprotokoll 08.09.2020 und Fazit zu MS 1+2

  • Hallo zusammen,


    ich würde gerne das Protokoll aus meiner heutigen Prüfung und ein kleines Fazit zu MS mit euch teilen. Ich habe im Semester ca. 70% der Vorlesungen besucht (mal mehr, mal weniger gut aufgepasst) und mir für die Klausurvorbereitung ca. 3 Wochen Zeit genommen (eher entspanntes halbtags Lernen). 1 1/2 Wochen habe ich dazu genutzt die Folien zusammenzufassen und die restliche Zeit habe ich zusammen mit den Protokollen aus dem Forum den Inhalt verinnerlicht.


    Vorab: meine Prüfung dauerte eig genau 20 Minuten und ich habe eine 1,0 erhalten.


    Prüfungsprotokoll

    In meiner Prüfung ging es um ein aktives elektromagnetisches Lager (AMB). Mir wurde ein Bild von einer Differenzanordnung mit Differenzansteuerung vorgelegt ähnlich zur Folie 67 aus Kapitel 6. Außerdem war ein Fanglager eingezeichnet. Dazu war rechts noch das unbeschriftete reale Bild eines Heteropolarlagers von Folie 80 aus Kapitel 6 dargestellt. Das Bild wurde auch in keinen Kontext zu einem vorgestellten System aus Kapitel 9 eingeordnet, sondern allein für sich betrachtet.


    Können Sie erklären wie so ein elektromagnetisches Radiallager prinzipiell funktioniert?
    Ich hab das Ganze durch eine Analogie zwischen elektrischen und magnetischen Kreis erklärt (magn. Durchflutung = Spannung, ...). Außerdem habe ich direkt erwähnt wo und in welche Richtung die Reluktanzkräfte wirken.


    Nachdem die Funktionsweise nun geklärt ist, gehen Sie doch mal etwas näher auf das vorgezeigte System ein.

    Hier habe ich erstmal erklärt, dass es sich um eine Differenzanordnung mit Differenzansteuerung handelt. Relativ standardmäßig habe ich erklärt wieso man eine Differenzanordnung benötigt (bidirektionale Kraftstellung), wozu man den Vormagnetisierungsstrom benötigt (Linearisierung um Arbeitspunkt und Erhöhung Kraftdynamik) und wieso man eine Positions- mit unterlagerter Stromregelung benötigt (instabiles Verhalten, Induktivität abhängig vom Strom und Spulenwiderstände abhängig von Temparatur).


    Können Sie die Differenanzsteuerung und die Differenzwicklung erklären und anschließend miteinander vergleichen?

    Ich hab erstmal die grundsätzlichen Unterschiede erklärt (untersch. Spulenströme vs. separate Spulen) und bin dann darauf eingegangen, wie es sich mit den Strömen und der Wicklungszahl verhält, wenn man die beiden gegenüber stellt. Weiterhin habe ich dann erwähnt, dass man bei der Differenzwicklung weniger Leistungselektronik benötigt und die Vorteile, die daraus resultieren (Kostenvorteile + geringere Ausfallwahrscheinlichkeit für das Lager aufgrund von Leistungselektronik).


    Bleiben wir mal bei der Leistungselektronik stehen. Wie viel Leistungselektronik benötigt man denn genau bei der Differenzwicklung im Vergleich zur Differenzanordnung?

    Als diese Frage kam, war ich erstmal überhaupt nicht begeistert. Ich hatte eigentlich gehofft ihm reicht die Information "weniger" und wusste auch gar nicht was ich sagen soll. Ich hab dann um etwas Bedenkzeit gebeten. Er hat natürlich gemerkt, dass ich mich mit der Frage schwer tue und wollte mir helfen auf die Antwort zu kommen. Jetzt kam das Heteropolarlager ins Spiel.


    Probieren wir das ganze doch an diesem Bild hier zu erklären (zeigt auf Heteropolarlager). Können Sie mir sagen was wir hier vorliegen haben?

    Ich hab ihm erstmal erklärt, dass es sich um ein Heteropolarlager handelt. Auf Rückfrage habe ich ihm dann noch gesagt wieso das so ist (Anordnung der Spulen). Außerdem wollte er wissen wieso es die dargestellte Blechung gibt. Ich bin dann auf die Verhinderung von Wirbelströmen mittels Blechung eingegangen. Weiterhin wollte er von mir wissen wieso in den Blechen Bohrungen und Nuten gibt. Das hatte er glaube ich mal in der Vorlesung so nebenbei gesagt gehabt. Durch die Luftspalte der Nuten verhindert man eine Kopplung der Aktoren.


    So und jetzt kommen wir nochmal zurück auf die Leistungselektronik. Wie viel Leistungselektronik braucht man konkret für dieses Heteropolarlager bei der Differenzwicklung und der Differenzansteuerung?

    Der Exkurs zum Heteropolarlager hat mir natürlich nicht weitergeholfen diese Frage zu beantworten. Durch eine gesunde Mischung aus Intuition, Wissen und Raten kam ich darauf, dass man bei der Differenzansteuerung doppelt so viel Leistungselektronik braucht im Vergleich zur Differenzwicklung. Er meinte das ist richtig, hat aber weiterhin darauf bestanden zu wissen wie viel genau. Hier habe ich mich fast verzockt. Ich meinte erst 8 für die Differenzansteuerung und 4 für die Differenzwicklung, weil es ja 8 Spulen sind. Es sind zwar 8 Spulen, aber es sind 4 Aktoren. Daher braucht man bei der Differenzansteuerung 4 und bei der Differenzwicklung 2. Er war gerade schon dabei zu sagen, dass das nicht richtig ist und ich bin direkt reingegrätscht, weil mir mein Denkfehler noch aufgefallen ist. Obwohl ich mit dem Thema etwas zu kämpfen hatte und ich es fast verkackt habe, war er mit meiner Antwort zufrieden.


    Wir betrachten hier jetzt kein spezielles System. Ganz allgemein: was für Auswirkungen hat das Entfernen des Fanglagers und was kann ich dagegen machen?

    Ich meinte erstmal, dass die Fanglager aus Sicherheitsgründen verwendet werden falls die AMBs ausfallen sollten. Wenn das Fanglager fehlt, kann die Welle ausbrechen bei einem Ausfall der AMBs. Es gibt jetzt mehrere Möglichkeiten das Problem zu lösen. Zum einen kann man natürlich ein E/E/PE-Sicherheitssystem implementieren. Allerdings habe ich dann auch den Vergleich zum Schwungmassenspeicher gemacht und gemeint, dass man mit einem Containment auch sicherstellen kann, dass niemand verletzt wird. Dann wäre der Schweregrad S0 und eine Qualitätsmaßnahme würde reichen.


    Können Sie auf latente Fehler eingehen?

    Ich hab ihm die Definition von Mehrfachfehlern genannt. Daraufhin wollte er wissen, ob schlafende Fehler immer zu Mehrfachfehlern gehören. Ich hab ihm dann die Definition eines schlafenden Fehlers genannt und ihm erzählt, dass wir die in der Vorlesung als Unterkategorie zu Mehrfachfehlern hatten. Jetzt wollte er wissen wieso das eigentlich so ist. Da hatten wir tatsächlich bisschen diskutiert. Die Message war aber im Endeffekt, dass ein schlafender Fehler für sich alleine ungefährlich ist und erst in Kombination mit anderen Fehlern gefährlich werden kann.


    Hier hat er meine Prüfung beendet. Bei der Notenbesprechung meinte er dann zu mir, dass ich zwar beim Transferteil mit der Leistungselektronik zu kämpfen hatte, aber dass meine restlichen Antworten extrem ausführlich, präzise und vor allem schnell waren. Das hat ihm so gut gefallen, dass er über meinen Kampf mit der Leistungselektronik hinwegsehen kann und mir trotzdem eine 1,0 gibt.


    Fazit zu Mechatronische Systemtechnik 1+2

    MS ist schon ein sehr interessantes und wichtiges Fach. Das Wissen aus dem Bachelor wird hier nochmal ordentlich vertieft und es gibt viele Schnittstellen zu anderen Fächern. Für mich persönlich gehört es irgendwie zum 1 mal 1 eines Ingenieurs. Allein deswegen kann ich das Fach schon weiter empfehlen. Darüber hinaus macht Prof. Rinderknecht eine wirklich gute Vorlesung, sogar in der digitalen Version. Er hält keinen Monolog, bindet gerne das Publikum ein und vor Allem legt er Wert auf Verständnis. Das fand ich eig ganz cool. Ein Kompliment muss man auch echt mal an die Materialien zur Vorlesung machen. Die Folien sind auf einem sehr hohen Niveau und zusätzlich bekommt man zu fast jeder Folie eine ausführliche Erklärung in Form eines Fließtextes zur Verfügung gestellt. Da kann sich das ein oder andere Institut mal eine Scheibe von abschneiden.


    Und wo ist jetzt der Haken? Ich würde mal behaupten MS stellt nicht den Weg des geringsten Widerstandes dar. Für 4CP ist das schon sehr sportlich was man hier leisten muss. Die Fragen von Prof. Rinderknecht in der Prüfung schießen gerne mal weit über die Vorlesung hinaus. Es reicht nicht die Folien auswendig zu lernen, teilweise steht nicht mal auf den Folien was man in der Prüfung wissen muss. Genauso wie es in die Tiefe geht, geht es leider auch in die Breite. MS1 und MS2 haben jeweils einen ordentlichen Umfang. Bei anderen Modulen mit gleicher CP-Anzahl kam ich mit einem Bruchteil des Aufwandes für MS zum Ziel. Das macht die beiden Veranstaltungen zumindest nicht zur einfachsten Wahl im WPB 2.


    Klingt jetzt natürlich nicht so super geil. Allerdings habe ich gerade wegen diesem Konzept die Themen auch wirklich durchdrungen und weiß auch jetzt noch Sachen aus MS1, die ich in anderen Fächern mittlerweile längst vergessen habe. Wer wirklich was lernen will, ist mit MS bei Prof. Rinderknecht gut aufgehoben. Wer nur schnell 4 CP mit einer guten Note abstauben will, sollte sich lieber wo anders umschauen.


    Ich hoffe das Protokoll hilft euch beim Lernen für die Prüfung und das Fazit dem ein oder anderen bei der Entscheidungsfindung das Modul zu belegen!