Guten Morgen!
@Tommy7, ich denke nicht, dass der Kapazitätszuwachs durch thermische Erwärmung in Vollkeramik derart drastischer auftritt als in Stapelaktoren, vor allem in Anbetracht der starken Kapazitätszuwächse der Stapelaktoren durch Aufstapeln von n Schichten reduzierter Dicke, als dass dies den Fertigungsaufwand rechtfertigt. Ein positiver Nebeneffekt ist die geringere thermische Belastung der Stapelaktoren aber sicherlich.
Ich habe gestern noch einmal weiter gesucht und Folgendes gefunden:
Dissertation am IMS:
"Unabhängig vom Herstellungsverfahren liegt die maximal zulässige elektrische Feldstärke bei etwa 2 kV/mm. Mit der Folientechnik lassen sich geringere Schichtdicken realisieren, so dass zum Erreichen der
2 kV/mm Grenze niedrigere elektrische Spannungen notwendig sind. Dementsprechend spricht man hier von Niedervoltaktoren. Die für die geklebten Aktoren notwendigen Keramikscheiben werden durch das Zersägen von
Keramikstangen gewonnen. Hierbei ergeben sich höhere Schichtdicken. Dementsprechend sind zum Erreichen der 2 kV/mm Grenze höhere elektrische Spannungen notwendig. Deshalb wird von Hochvoltaktoren gesprochen.
Diese Arbeit beschränkt sich auf Hochvoltstapelaktoren. Diese sind mit größeren Stirnflächen verfügbar. Dies führt zu größeren Aktorkräften. Außerdem weisen diese pro Volumen eine deutlich geringere elektrische Kapazität auf, was zu niedrigeren Strömen im dynamischen Betrieb führt."
PI Ceramics:
"Betriebsspannung
Es haben sich zwei Typen von Piezoaktoren durchgesetzt: Monolithisch gesinterte PICMA® Multilayeraktoren (Niedervoltaktoren) arbeiten bei Spannungen bis ca. 130 V und bestehen aus Keramiklagen von 20 bis 100 μm Dicke.
Klassische Hochvoltaktoren (PICA Hochleistungsaktoren) sind aus 0,5 bis 1 mm dicken Scheiben aufgebaut und werden bei Spannungen bis zu 1.000 V betrieben. PICA Aktoren können mit größeren Querschnitten und daher für größere Belastbarkeit gefertigt werden als die kompakteren monolithischen Multilayer-Piezoaktoren."
CeramTec:
"Der Umwandlungsvorgang wird auch als Aktorik oder Aktuatorik bezeichnet. Die für eine Aktor-Auslenkung von 1,4 bis 1,7‰ benötigten elektrischen Feldstärken liegen normalerweise bei etwa 2.000 V/mm. CeramTec Piezo-Aktoren bestehen aber aus bis zu 500 etwa 0,1 mm dicken piezokeramischen Blei-Zirkonat-Titanat-Schichten (PZT) aus dem Werkstoff SONOX® P505 und werden nach speziell entwickelten Stapel- und Sinter-Verfahren hergestellt. Dadurch kann die maximale Dehnung oder Auslenkung mit linearen Piezoaktoren von CeramTec schon bei relativ niedrigen Spannungen von 200 V erreicht werden."
PiezoSystem:
"Für die oben genannte Dehnung von ca. 10 µm wird wiederum ein ca. 10 mm langer Aktor benötigt. Dieser besteht nun aus einer Parallelschaltung von 100 Scheiben mit einer Dicke von 100 µm. Die max. Arbeitsspannung ist niedriger geworden und beträgt 130 V (Niedervoltaktor). Durch die höhere Anzahl der Scheiben steigt die Kapazität des Aktors. Diese Eigenschaft ist bedeutend für dynamische Anwendungen (siehe auch Kapitel 3.7: Kapazität, Kapitel 5: Dynamische Eigenschaften und Kapitel 10: Elektroniken). Technologisch ist die Herstellung der Multilayer- oder Niedervoltaktoren im Vergleich zu den traditionellen Hochvoltaktoren weitaus komplizierter. Um optimale mechanische und elektrische Eigenschaften zu erzielen (z.B. Steifigkeit) werden intensive Forschungsarbeiten durchgeführt. Ziel ist die Herstellung sogenannter monolithischer Aktoren, bei denen die Rohkeramik zusammen mit den Elektroden gesintert wird. Auf diese Weise wird der Aktor in einem System hergestellt. Dadurch besitzt der Aktor ähnliche Eigenschaften, wie eine Vollkeramik." ... "
Aufgrund ihrer höheren Kapazität benötigen Niedervoltaktoren wesentlich höhere Lade- und Entladeströme. Dieser Sachverhalt spielt bei statischen und quasistatischen Anwendungen eine untergeordnete Rolle, wird aber bedeutend für dynamische Anwendungen." ... "Für dynamische Anwendungen muss aber die Problematik des Lade- und Entladevorgangs der großen Kapazitäten C der Keramik betrachtet werden." ... "Bei dynamischer Betriebsweise kann die Größe des benötigten Stroms sehr hoch sein, sodass die Anstiegszeit der Spannung und weitere Größen der Bewegung oft durch den maximalen Strom der Stromversorgung festgelegt werden." ... "Auf Grund des hohen Strombedarfs, der für dynamische Anwendungen benötigt wird, ist auch die benötigte elektrische Leistung hoch. Die Leistung Pmax für eine sinusförmige Ansteuerung eines Piezoelements mit der Frequenz f und der Kapazität C ergibt sich aus:"
Ich würde also zusammenfassend sagen, dass Piezokeramiken zum Erreichen ihrer maximal nutzbaren Dehnung in Anbetracht einer vom Aufbau unabhängigen Obergrenze des ertragbaren elektrischen Feldstärke von 2 kV/mm in erster Linie deshalb als Stapel- oder Multilayeraktoren gebaut werden um mit geringeren Betriebsspannungen als Vollkeramiken betrieben werden zu können. Probleme sind Steifigkeitsverluste durch eingeschobene Elektroden und bei Stapelaktoren vor allem durch den Kleber - gepresste und zu einem Monolith versinterte Multilayeraktoren haben dieses Problem nicht. Weiterhin ist zu beachten, dass die Gesamtkapazität der Mehrschichtaktoren mit abnehmender Schichtdicke und zunehmender Schichtanzahl zunimmt und dies Einfluss auf den zum Umladen benötigten Strom- und damit Leistungsbedarf im dynamischen Betrieb zu haben scheint (auch wenn ich dies mangels elektrotechnischer Fähigkeiten nicht formelmäßig beweisen kann). Um die Gesamtkapazität der mehrschichtigen Keramik in Grenzen zu halten, ist es konstruktiv denkbar eine Wegübersetzung zu nutzen und somit die Anzahl der Schichten zu begrenzen. Abgesehen davon bieten Stapel- und Multilayeraktoren durch die eingeschobenen Elektroden im Vergleich zur Vollkeramik eine bessere Wärmeabfuhr.